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Koalitionsvertrag und Pflege: 
„Ein Meilenstein mit Verbesserungspotenzial“

14. Dezember 2021
Koalitionsvertrag und die Pflege

Unter der Überschrift „Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“ hat die Ampel-Koalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP den Koalitionsvertrag präsentiert. Das Thema Pflege spielt dabei eine gewichtige Rolle – und löst bei den betroffenen Akteuren ein starkes Echo aus.

 

„Der Dramatik der Situation in der Pflege begegnen wir mit Maßnahmen, die schnell und spürbar die Arbeitsbedingungen verbessern,“ heißt es im Koalitionsvertrag im Kapitel „Respekt, Chancen und soziale Sicherheit in der modernen Arbeitswelt“ wörtlich. Konkret soll kurzfristig zur verbindlichen Personalbemessung im Krankenhaus die Pflegepersonalregelung 2.0. (PPR 2.0) als

Übergangsinstrument mit dem Ziel eines bedarfsgerechten Qualifikationsmixes eingeführt werden. In der stationären Langzeitpflege werde der Ausbau der Personalbemessungsverfahren beschleunigt. „Insbesondere dort verbessern wir Löhne und Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte mit dem Ziel, die Gehaltslücke zwischen Kranken- und Altenpflege zu schließen. Wir wollen den Pflegeberuf attraktiver machen, etwa mit Steuerbefreiung von Zuschlägen, durch die Abschaffung geteilter Dienste, die Einführung trägereigener Springerpools und einen Anspruch auf familienfreundliche Arbeitszeiten für Menschen mit betreuungspflichtigen Kindern“, lautet das Vorhaben der Koalitionäre.

 

Deutsche Pflegerat sieht echten Fortschritt

 

Für Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats (DPR), ist der Koalitionsvertrag „ein echter Fortschritt, ein Meilenstein.“ Die Themen der Pflege und vor allem der Profession Pflege würden im Bereich Pflege und Gesundheit an erster Stelle gesetzt. „Die künftige Koalition hat somit erkannt, dass es die Verbesserungen der Arbeitsbedingungen sind, die entscheidend dafür sind, ob es künftig die nötige Zahl an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflege gibt.“ Richtig sei es gleichfalls, dass die künftige Bundesregierung die Pflegeassistenzausbildung bundesweit harmonisieren und die akademische Pflegeausbildung bis hin zu einer Ausbildungsvergütung stärken wolle. Ein deutliches Signal werde auch in der Frage der Organisation der Selbstverwaltung der Pflege gesetzt. Hier gehe es nicht um das Ob, sondern um das Wie. Die geplante Befragung zu einer Selbstverwaltung lehnt der Deutsche Pflegerat ab, da die Entscheidung zu einer Selbstverwaltung in den Parlamenten getroffen werden müsse. Die Stärkung des Deutschen Pflegerats als Stimme der Pflege im Gemeinsamen Bundesausschuss und anderen Gremien sei  eine echte Stärkung der Profession und eine Zeichensetzung für die Zukunft. Viele der jetzt im Koalitionsvertrag festgehaltenen Punkte seien langjährige Forderungen des Deutschen Pflegerats. Wichtige fehlende Themen müssten ergänzt werden, zum Beispiel Häusliche Pflege, Stärkung der sektorenübergreifenden Versorgung, Vereinfachungen im Leistungsgeschehen und dessen Finanzierung, viele Fragen zu einer besseren Work-Life-Balance, eine bessere Refinanzierung von Leistungen sowie innovative Projekte für neue Tarifverträge in der Pflege. Der jetzige Koalitionsvertrag verspreche Zuversicht. Es bleibe zu hoffen, dass aus den Ankündigungen ein tatsächlich starkes Signal für die Profession wird. Und vor allem, dass deren Umsetzung im ersten Jahr des Regierungsgeschehens vollzogen werde.“

 

AOK lobt Maßnahmen zur Stabilisierung

 

Aus Sicht des AOK-Bundesverbands enthält der Koalitionsvertrag gute Ansätze, jetzt komme es auf die konkrete Umsetzung an. „Die vorgeschlagene Reformagenda geht grundsätzlich in die richtige Richtung. Es werden fast alle wichtigen Baustellen im Gesundheits- und Pflegebereich benannt“, so die erste Einschätzung des Vorstandsvorsitzenden Martin Litsch. Dazu gehörten insbesondere die vorgesehenen Maßnahmen zur finanziellen Stabilisierung des Gesundheitswesens, zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung, zur Reform der Krankenhaus- und Notfallstrukturen und zum Einstieg in eine sektorenunabhängige Versorgung. „Es ist gut, dass die Ampel die Finanzierungsprobleme der Sozialversicherungen auf dem Schirm hat und Verantwortung übernehmen will“, sagt Litsch. „Das zeigen etwa die geplanten höheren Beiträge aus Steuermitteln für ALG II-Beziehende oder die regelhafte Dynamisierung des Bundeszuschusses zur gesetzlichen Krankenversicherung.“ Viele Entlastungsmaßnahmen wie die Absenkung des Mehrwertsteuersatzes auf Arzneimittel oder die Anhebung des Herstellerrabatts seien aber auf den letzten Metern wieder gestrichen worden. Das bedeute einen Rückschritt gegenüber der Entwurfsfassung.

 

„Flexibilisierung des Leistungsrechts wäre nötig“

 

Laut Vertrag würden die Eigenanteile der Pflegebedürftigen durch die Finanzierung der Behandlungspflege durch die GKV und die Übernahme der Ausbildungskosten spürbar gesenkt. Mit der Übernahme der Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige und die Übernahme der Corona-Kosten werde die Soziale Pflegeversicherung von versicherungsfremden Leistungen entlastet. Mit der Stärkung der Pflege vor Ort durch quartiernahe Wohnformen, der Einbindung der Kommunen und dem Ausbau von Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflege sowie der Einführung eines Entlastungsbudgets würden aus AOK-Sicht weitere wichtige Themen angesprochen. „Nötig wäre hier aber auch die Überwindung der Sektorengrenzen zwischen ambulantem und stationärem Bereich sowie eine Flexibilisierung des Leistungsrechts. Das muss unbedingt noch angepackt werden.“ Auch an anderer Stelle sei die mit der Verhandlung des Gesundheitsteils befasste Arbeitsgruppe schon weiter gewesen. „Leider ist auch die zunächst angedachte Übernahme von Finanzierungsverantwortung durch den Bund bei den Investitionskosten im Krankenhaus wieder herausgefallen.“ Immerhin werde aber endlich eine große Krankenhaus-Strukturreform angegangen. „Allerdings ist der Blick dabei auf die Themen Erreichbarkeit und Demographie begrenzt. Im Interesse der Patientinnen und Patienten müssten aber zugleich Qualitätsanforderungen berücksichtigt werden. Das gilt übrigens auch für die sektorübergreifende Versorgungsplanung, bei der die Krankenkassen in Zukunft eine Mitwirkung einfordern.“

 

Positive Signale bei der Versorgungsgestaltung

 

Im Bereich der Versorgungsgestaltung enthalte der Vertrag aus AOK-Sicht positive Signale, zum Beispiel durch die geplante Ausweitung der vertraglichen Spielräume der Krankenkassen und Leistungserbringer vor Ort. Die an dieser Stelle ebenfalls genannten regionalen Versorgungsmodelle wie Gesundheitskioske oder Gesundheitslotsen würden von der AOK-Gemeinschaft seit Jahren aktiv umgesetzt. „Auch zu begrüßen ist die Absicht, das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) weiterzuentwickeln und die Möglichkeiten zur Begrenzung der Arzneimittelpreise zu stärken. Dafür haben wir seit langem gekämpft", betont AOK-Vorstand Litsch. In diesem Zusammenhang sei es auch gut, dass mehr Transparenz über die Zuwendungen von Leistungs- und Hilfsmittelerbringern geschaffen werden solle.

 

„Corona verschärft Pflegenotstand“

 

Ulrich Lilie, Präsident Diakonie Deutschland und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) sieht „in den bisherigen Reformmaßnahmen ein Stückwerk, das nicht zu den gewünschten Verbesserungen in der Pflege geführt hat. Und schon vor Corona sind die Kosten, die von den pflegebedürftigen Menschen gezahlt werden müssen, in astronomische Höhen geschossen.“ Der Pflegenotstand sei längst da – Corona habe ihn noch einmal massiv verschärft. „Umso mehr begrüßen wir daher als Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, dass die

Regierung die Eigenanteile in der stationären Pflege begrenzen und die Bezahlung wie die Personalschlüssel in der Pflege verbessern werden. Dies war eine zentrale Forderung der Wohlfahrtsverbände.“

 

AWO sieht wichtige Punkte

 

Für die Präsidentin der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Kathrin Sonnenholzner sind die Bereiche „Modernisierung der Ausbildung, Fachkräfteoffensive sowie Begrenzung der Eigenanteile wichtige und notwendige Punkte zur Entlastung der Situation in der Pflege, eingerahmt durch eine Verbesserung der Löhne und Arbeitsbedingungen, nicht zuletzt durch einen Corona-Bonus.“ Die Installierung eines Coronarates in der aktuellen Situation sei zudem überfällig und absolut richtig.

 

ASB mahnt grundlegende Reform an

 

„Wir sehen eine ganze Reihe positiver Vorhaben in der Pflegepolitik, sind allerdings auch enttäuscht, dass die notwendige grundlegende Strukturreform in der Pflege ausbleibt“, sagt Dr. Uwe Martin Fichtmüller, Hauptgeschäftsführer des Arbeiter-Samariter-Bund (ASB). „Die selbsternannte Fortschrittskoalition war nicht in der Lage, ein zukunftsweisendes Konzept für die Weiterentwicklung der Pflege vorzulegen.“ Der ASB werde sich weiterhin dafür einsetzen, dass Pflegeleistungen unabhängig von der Wohnform ermöglicht werden und damit neue innovative Versorgungslösungen entstehen können. Die Vorschläge der Initiative Pro Pflegereform hierzu habe der ASB von Anfang an unterstützt. Schwer wiege ebenfalls, dass die vom ASB eingeforderte Unterstützung der professionellen ambulanten Pflege ausbleibe. „So positiv der geplante Ausbau der Tages- und Kurzzeitpflege ist, für eine wirkliche Stärkung der häuslichen Pflege ist dies einfach zu wenig.“

 

„Gute Grundlage mit Schwächen“

 

Aus Sicht des Arbeitgeberverbands Pflege (AGVP) enthalte der Koalitionsvertrag gute Ansätze, aber auch kritische Passagen, bei denen es auf die konkrete Ausgestaltung ankomme. „Der Koalitionsvertrag hat einige Weichen für die Pflege in die richtige Richtung gestellt. Er ist eine gute Arbeitsgrundlage, aber mit Schwächen. Besonders freuen wir uns, dass unsere Forderung nach einer Steuerbefreiung von Zuschlägen für Pflegekräfte nach anderthalb Jahren von der neuen Regierung übernommen wurde. Ein guter Schritt, wenn auch verspätet. Wir begrüßen außerdem die geplante Dynamisierung des Pflegegelds und den Ausbau der Tages- und Nachtpflege. Richtig ist es auch, die Gewinnung von ausländischen Fachkräften und die Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsabschlüssen in der Pflege zu beschleunigen. Das entlastet die Pflegekräfte, die sich aufopferungsvoll um die ihnen anvertrauten Menschen kümmern“, lobt   AGVP-Präsident Thomas Greiner.

 

Befürchtung: Wechsel von Voll- auf Teilzeit

 

„Bürokratieabbau und die Förderung von Digitalisierung und innovativen Versorgungsmodellen – diese Ankündigungen haben wir schon oft gelesen und es ist gut, dass die Ampel-Koalition diese Themen vorantreiben will“, unterstreicht Greiner. „Wir reichen der neuen Regierung die Hand, wenn sie endlich ernst macht, weil die gewonnene Zeit den Pflegebedürftigen zugutekommt. Wir werden uns aber lautstark melden, wenn diese Themen wieder nicht angepackt und umgesetzt werden.“ Sorge bereite die geplante Abschaffung der geteilten Dienste. „Das kann dazu führen, dass Pflegekräfte mit Kindern von Voll- auf Teilzeit wechseln. Die Folge: Das gesamte Zeitvolumen für die Pflegebedürftigen sinkt und der Fachkräftemangel nimmt weiter zu. Die geplante Befragung der professionellen Pflegekräfte bietet die Möglichkeit, präzise Informationen über ihre Arbeitszeitbedürfnisse zu erhalten.“ Problematisch aus Sicht der privaten Pflegedienstleister seien  auch die verbindlichen Mitgestaltungsmöglichkeiten für die Kommunen. Ein kommunales Vetorecht bei privaten Investitionen dürfe es nicht geben, es gehe zu Lasten der Pflegebedürftigen. „Wer gute Pflege will, muss investieren. Allein schafft das niemand, wir brauchen deshalb einen gemeinsamen Kraftakt von privaten, kommunalen, gemeinnützigen und kirchlichen Trägern, damit ältere Menschen ihren Lebensabend in Würde verbringen können“, so der AGVP-Präsident.