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Wie Digitalisierung den psychotherapeutischen Alltag verändern und erleichtern kann

19. November 2025 | Beata Luczkiewicz
Lächelnde Frau neben Bildschirm auf dem CGM Praxis zu sehen ist und das Icon einer Cloud-Wolke

Zwischen Dokumentation und Therapie

Die Digitalisierung ist längst Teil des Alltags in psychotherapeutischen Praxen: von digitalen Anamnesebögen über Videositzungen bis hin zur elektronischen Patientenakte (ePA) und Telematikinfrastruktur. Doch zwischen Datenschutz, Beziehungsarbeit und Dokumentationspflicht stellt sich eine zentrale Frage: Wie viel Technik verträgt Therapie – und ab wann beginnt sie, zu entlasten statt zu entfremden?

Zwischen Effizienz und Empathie

Psychotherapie lebt von Vertrauen, Beziehung und Nähe. Diese Grundlagen sind nicht digitalisierbar. Was sich jedoch digitalisieren lässt, sind Abläufe rund um die Behandlung, also die „zweite Ebene“ des Praxisalltags: Dokumentation, Organisation und Kommunikation.

Die „Digitale Agenda“ der Psychotherapeutenkammer NRW betont genau diesen Unterschied. Digitalisierung soll Prozesse erleichtern und Räume schaffen, in denen psychotherapeutische Arbeit stattfinden kann, ohne das therapeutische Gespräch zu technisieren.

Dokumentation: Pflicht oder Ressource?

Der Dokumentationsaufwand ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Gesetzliche Vorgaben, Qualitätssicherung und Datenschutz verlangen Struktur – oft zulasten der Zeit für den Menschen.

Digitale Systeme können hier tatsächlich entlasten, wenn sie den psychotherapeutischen Prozess respektieren. Gute Software bildet die klinische Logik ab: von der Problembeschreibung über Zieldefinition bis hin zu Interventionsverläufen. Doch nicht alles, was sich digital erfassen lässt, ist auch hilfreich.

Die Digitale Agenda warnt ausdrücklich davor, „Digitalisierung als Selbstzweck“ zu verstehen. Daten müssen nützlich sein – für den Therapieverlauf, nicht nur für Verwaltung oder Kontrolle.

Beziehung bleibt der Kern – auch digital

Die therapeutische Beziehung ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg einer psychotherapeutischen Behandlung. Während der Coronapandemie rückte jedoch die Online-Therapie verstärkt in den Fokus. Viele Praxen machten die Erfahrung, dass digitale Sitzungen Beziehung, Vertrauen und Kontinuität nicht ausschließen, sondern unter den richtigen Bedingungen sogar unterstützen können. Studien zeigen, dass eine stabile therapeutische Beziehung auch über Videobehandlungen aufgebaut und erhalten werden kann.

Gerade für Personen, die beruflich viel reisen oder aufgrund körperlicher oder psychischer Einschränkungen nicht mobil sind, stellt die Videosprechstunde eine sinnvolle Ergänzung dar. Auch die Zufriedenheit der Patienten ist, wie mehrere Studien belegen, mit der klassischen Psychotherapie von Angesicht zu Angesicht vergleichbar. Zudem schätzen viele Therapeutinnen und Therapeuten die Möglichkeit, Behandlungen per Video auch außerhalb der Praxisräume, etwa von zu Hause aus, fortzuführen.

Digitale Formate verändern die Art der Interaktion, aber nicht ihren Kern: Vertrauen, Empathie und eine professionelle Haltung sind und bleiben die tragenden Säulen psychotherapeutischer Arbeit – ob im Praxisraum oder auf dem Bildschirm.

Datenschutz als Haltung

In kaum einem Fachgebiet wiegt Datenschutz so schwer wie in der Psychotherapie. Er ist nicht nur gesetzliche Pflicht, sondern auch Ausdruck therapeutischer Ethik. Die „Digitale Agenda“ fordert deshalb „Datenschutz by Design“ – also Systeme, die Vertraulichkeit technisch absichern, statt sie zur administrativen Aufgabe zu machen.

Cloudbasierte Lösungen können dabei helfen, sofern sie nachweislich DSGVO-konform sind, das Hosting in der EU erfolgt, die Zugriffsrechte differenziert geregelt und alle Daten verschlüsselt übertragen werden. Doch entscheidend bleibt: Datenschutz ist nicht allein Technik, sondern Haltung – gelebte Verantwortung für die sensibelsten Informationen, die Menschen preisgeben können.

Künstliche Intelligenz – Chance und Verantwortung

KI-gestützte Anwendungen können die Dokumentation vereinfachen oder Sitzungsverläufe strukturieren. Doch sie werfen auch ethische Fragen auf: Wem gehören die Daten? Wer trägt Verantwortung für Interpretationen, wenn Algorithmen Muster erkennen?

Die Digitale Agenda fordert Transparenz, Nachvollziehbarkeit und menschliche Kontrolle. KI kann unterstützen – etwa bei Routineaufgaben. Sie darf aber nie an die Stelle des klinischen Urteils treten.

Wandel mit Augenmaß

Die Digitalisierung verändert die Praxis, aber nicht ihre Grundprinzipien. Sie erfordert Haltung, Reflexion und eine klare Vorstellung davon, was psychotherapeutische Arbeit ausmacht.

Wenn digitale Werkzeuge dazu beitragen, den administrativen Druck zu reduzieren, die Kommunikation zu sichern und den Datenschutz zu stärken, können sie eine wertvolle Entlastung bringen. Doch entscheidend bleibt: Technik muss sich der Therapie anpassen, nicht umgekehrt.

Aus der Praxisperspektive: Die Digitalisierung löst nicht alle Probleme, aber sie kann helfen. Cloudbasierte Anwendungen wie CGM Praxis können diesen Weg unterstützen – mit sicherer Datenhaltung, flexiblen Dokumentationsstrukturen und klaren Datenschutzmechanismen. Entscheidend ist nicht das Tool, sondern die Haltung, mit der es genutzt wird. So kann Digitalisierung dort entlasten, wo sie die Beziehung stärkt.

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