Deutschland

KI in der Reha – ist die Zeit reif?

9. September 2025
Personal­einsatz­planung in Reha-Einrichtungen

Einblicke mit Daniel Hanselmann, Geschäftsführer der Kur + Reha GmbH

Sie steckt in Smartphones, sortiert E-Mails, schlägt Filme und Musik vor - Künstliche Intelligenz (KI) begegnet uns tagtäglich im Alltag. Auch in Kliniken, Krankenhäusern und Arztpraxen spielt sie zunehmend eine wichtige Rolle: von der Diagnose über die Therapie bis hin zur Forschung. Doch wie steht es um die Rehabilitation?

Daniel Hanselmann, Geschäftsführer der Kur + Reha GmbH und erklärter KI-Enthusiast, hat klare Vorstellungen. KI ist für ihn keine „Zukunftsmusik“, sondern heute ein entscheidender Motor für bessere Versorgung. Wir haben ihn in einem Interview auf seine Sicht zur KI in der Rehabilitation befragt.

Wie beeinflusst Künstliche Intelligenz bereits heute unser Leben, besonders im Gesundheitswesen, und welche Anwendungsmöglichkeiten sehen Sie speziell in der Rehabilitation?

In der Rehabilitation ist KI für mich kein fernes Szenario mehr, sondern bereits jetzt eine treibende Kraft. Sie kann den Zugang zur Reha erleichtern, die passende Therapie ermitteln und Entlassbriefe schreiben. Und steht für Effizienz, Qualität und bessere Patientenerfahrungen. Für unser Haus ist die interessanteste Anwendung aktuell definitiv die Analyse medizinischer Unterlagen, um den Aufnahmeprozess zu beschleunigen. Um es konkret zu machen: Wir haben im Jahr ca. 30.000, zum Teil handschriftlich verfasste, meist zweiseitige Einweisungsatteste zu prüfen. KI kann diese Dokumente sondieren, sortieren und zuordnen. Selbst wenn man nur mit 10 Minuten pro Attest-Check rechnet, liegt darin ein enormes Entlastungspotenzial.

Das Ergebnis ist ein Mehr an Ressourcen für die direkte Arbeit mit den Patientinnen und Patienten. KI ist also nie ein Selbstzweck, sondern unterstützt auf den Menschen ausgerichtete Versorgungsprozesse.

In welchen Bereichen hat die KI in der Reha schon Einzug gehalten?

Es gibt zwei Entwicklungen, die zeigen, wie konkret KI im Reha-Alltag schon geworden ist. Erstens die Spracherkennung und Transkription. Arztgespräche und Dokumentationen können heute automatisch erfasst, übersetzt und transkribiert werden. Erste Pilotprojekte sind schon angelaufen, und die Ergebnisse vielversprechend.

Zweitens Business Intelligence. KI-gestützte BI-Tools liefern mittlerweile Antworten auf medizinische wie organisatorische Fragen im Klartext – und zwar ohne komplizierte Datenbankabfragen. Da sehe ich auch ganz persönlich einen Mehrwert. Ich schreibe die Konzern-Lageberichte. Mit KI geht das heute in 2 Stunden statt in einem Tag. Das hat mich absolut begeistert.

Welche Anforderungen sollte Reha-Software für den sinnvollen Einsatz von KI erfüllen? Sollte KI ein Zusatzmodul oder direkt integriert sein? Und welche Chancen bietet KI Patient:innen und Behandlungsteams?

Ich halte die tiefe, durchgehende Integration von KI in die jeweiligen Softwaresysteme (beispielsweise „CGM Voice2Doku Assist“) für entscheidend, statt auf Insellösungen oder Drittanbietermodule zu setzen. Ein zentraler Punkt dabei sind Datenschutz und Datensicherheit – insbesondere beim Umgang mit sensiblen Patientendaten und deren Löschung. Ich setze dabei vor allem auf Lösungen von CGM. Für uns ist es, wie gesagt, eine strategische Ausrichtung, Software aus „einer Hand“ einzusetzen. Als verlässlicher Partner steht CGM für uns an erster Stelle – entsprechend groß ist unser Interesse an praxistaugliche KI-Lösungen.

KI bringt sehr konkrete Vorteile. Für Patientinnen und Patienten bedeutet das schnellere Verwaltungsprozesse und eine präzisere Zuweisung in die passende Klinik. Künftig ist vielleicht sogar eine automatisierte Terminbuchung möglich.

Ein weiteres schönes Anwendungsbeispiel ist unser Beratungsservice, hier könnte KI die Beantwortung von Standardfragen an die Hotline übernehmen. 80% des Anrufaufkommens könnte so automatisiert beantwortet werden. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wären dadurch enorm entlastet. Das gilt ebenso für die vollautomatisierte Erstellung von Behandlungsplänen. Mit KI können wir tendenziell 50 % der Verwaltungsarbeiten automatisieren. Auch durch die Unterstützung durch Sprachassistenzsysteme – über Sprachbarrieren hinweg.

Wie stellen Sie sich den zukünftigen Einsatz von KI in der Rehabilitation vor?

Aus meiner Sicht wird es da noch viele Entfaltungsmöglichkeiten geben. Simultandolmetschen, virtuelle Therapieassistenten, intelligente Ressourcenplanung – vieles davon ist greifbar nah. Und in Zeiten des Fachkräftemangels keine Frage von „Wollen“, sondern „Können“. Aber auch im Bereich personalisierte Therapie und der gesamten Dokumentation finden sich Anwendungsfälle, die helfen. So kann eine Unterstützung der medizinischen und administrativen Dokumentation Mitarbeitende in die Lage versetzen, in ihrer Muttersprache zu dokumentieren, KI erledigt die Übersetzung und Korrektur.

Gleichzeitig bin ich davon überzeugt, dass Menschen in der Rehabilitations-Therapie nicht ersetzbar sind. Letzten Endes müssen wir sehr vorsichtig damit umgehen und auch schauen, dass unser KI-gesteuertes Handeln ethisch vertretbar bleibt.

Wie stehen Ihre Mitarbeitenden dazu, gibt es „Mitstreiter“, und welche Pilotprojekte starten Sie?

Im Unternehmen gibt es eine große Offenheit. Viele Mitarbeitende testen bereits KI-Lösungen wie Microsoft Copilot oder ChatGPT. Im Zentrum unserer aktuellen Pilotprojekte stehen KI-basierte Spracherkennung für die medizinische Dokumentation, Voicebots für telefonische Beratung und Standardanfragen, sowie die kontinuierliche Evaluation und Einführung neuer Voicebot-Lösungen.

Wie wird die Reha in fünf bis zehn Jahren durch KI geprägt sein?

Für mich ist klar: In der Reha der Zukunft werden KI-Systeme fast alle administrativen Prozesse übernehmen – von der Aufnahme bis zur Abrechnung. Ärztinnen, Ärzte, Pflegekräfte und Therapeutinnen sowie Therapeuten gewinnen dadurch das, was am meisten zählt – Zeit für den Menschen. Die Richtung dabei ist entscheidend - Insellösungen bringen wenig. Datenschutz, Integration in bestehende Systeme und eine enge Zusammenarbeit mit Partnern wie CGM sind der Schlüssel.

Sie sagen, Reha ist im Wandel – bleibt trotzdem der Mensch im Zentrum?

Absolut. KI wird die Rehabilitation in ihrer bisherigen Form nicht ersetzen, sondern sie besser machen – effizienter, zugänglicher, menschlicher. Das größte Hindernis bleibt für mich das „Verharrungsvermögen“ des Gesundheitssystems. Wenn wir es schaffen, diese Trägheit zu überwinden, eröffnet KI ganz neue Möglichkeiten für Patientinnen, Patienten – und die Teams, die sie betreuen.

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