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Um die Möglichkeiten, aber auch die Herausforderungen genauer zu beleuchten, starten wir ab sofort eine Artikelreihe, in der wir die Einsatzfelder von KI im Gesundheitswesen systematisch betrachten. Jeder Beitrag widmet sich einem Schwerpunkt:
In kaum einem anderen Bereich fallen so viele wiederkehrende und zeitintensive Tätigkeiten an wie in der Verwaltung. Ärzte und Pflegekräfte verbringen oft Stunden mit Dokumentation, Abrechnung und dem Ausfüllen von Formularen.
Eine Beobachtungsstudie von 2016 mit 50 Ärzten zeigte, dass für jede Stunde im direkten Patientenkontakt fast zwei Stunden für Dokumentation, Abrechnung und Arbeit im elektronischen Patientendossier aufgewendet werden müssen. Zusätzlich kommen häufig noch ein bis zwei Stunden Nacharbeit pro Abend hinzu – Zeit, die der eigentlichen Versorgung verloren geht.[1]
Eine aktuelle Studie[2] untersuchte den Einsatz sogenannter „Ambient AI Scribes“, also Systeme, die Arzt-Patienten-Gespräche automatisch mitschneiden, verschriftlichen und strukturieren. Die Ergebnisse sind eindeutig: Ärzte verbrachten aufgrund der Tool-Unterstützung signifikant weniger Zeit mit Dokumentation, mussten weniger nach Dienstschluss nacharbeiten und berichteten eine geringere Belastung und höhere Zufriedenheit.
Auch bei der Leistungskodierung und Abrechnung kann KI wertvoll unterstützen. Eine Untersuchung mit einem Deep-Learning-basierten System („Easy-ICD“) zeigte[3], dass die automatische Kodierung schneller und zugleich präziser erfolgte als die manuelle Variante. Das System konnte Fehler und Unstimmigkeiten erkennen und half, den Zeitaufwand für administrative Tätigkeiten weiter zu verringern – ein klarer Hinweis darauf, dass KI die Qualität und Effizienz im Verwaltungsbereich verbessern kann.
KI kann im Bereich der Verwaltungs- und Abrechnungsprozesse tatsächlich nachweislich intensiv entlasten: Intelligente Systeme erfassen und strukturieren Daten automatisch, unterstützen bei der korrekten Kodierung3 von Leistungen und erkennen Fehler oder Auffälligkeiten in Abrechnungen. Damit reduziert sich der Verwaltungsaufwand erheblich – und die freiwerdende Zeit kommt der direkten Patientenversorgung zugute.
Diagnosen stellen, Befunde interpretieren, Therapien auswählen: Klinische Entscheidungen sind komplex und oft zeitkritisch. KI-Systeme bieten hier Unterstützung, indem sie große Mengen an medizinischen Daten analysieren, Muster erkennen und Vorschläge unterbreiten. In der Radiologie und Pathologie etwa helfen KI-Algorithmen, Auffälligkeiten schneller und zuverlässiger zu identifizieren. Auch bei der Auswahl individueller Therapien kann KI eine wertvolle Rolle spielen, indem sie Leitlinien, Patientendaten und aktuelle Forschungsergebnisse kombiniert und so eine evidenzbasierte Entscheidungsgrundlage liefert.
Die Pflege leidet besonders unter dem Fachkräftemangel. KI-gestützte Lösungen können helfen, Ressourcen effizienter einzusetzen und Pflegekräfte zu entlasten. Etwa durch Frühwarnsysteme, die auf Basis von Vitaldaten Risiken wie Sepsis oder Dekubitus rechtzeitig vorhersagen. Auch digitale Assistenzsysteme, die Dokumentationen automatisch erstellen oder einfache Routinetätigkeiten übernehmen, erleichtern den Alltag. Darüber hinaus wird Telemedizin durch KI noch leistungsfähiger: Automatisierte Anamnese-Tools und Chatbots unterstützen die Triage und sorgen dafür, dass Patienten schneller die richtige Behandlung erhalten.
Krankenhäuser stehen vor der Herausforderung, begrenzte Ressourcen optimal einzusetzen. KI bietet hier vielfältige Ansätze: von der intelligenten OP-Planung über ein dynamisches Bettenmanagement bis hin zur Vorhersage von Patientenzahlen bei Grippewellen oder saisonalen Spitzen. Dadurch können Engpässe frühzeitig erkannt und verhindert werden. KI kann zudem dabei helfen, Versorgungsnetzwerke besser zu steuern – etwa indem sie den Übergang von der Akutbehandlung ins Reha- oder ambulante Setting unterstützt und dadurch Versorgungsketten effizienter gestaltet.
Medizinische Forschung ist datenintensiv und oft langwierig. Zudem erfordert sie i.d.R. erheblichen finanziellen Aufwand und bindet Ressourcen. KI kann diese Prozesse erheblich beschleunigen: Sie unterstützt bei der Auswertung klinischer Studien, identifiziert geeignete Patient*innen für Forschungsprojekte und analysiert genetische Daten für die Entwicklung personalisierter Therapien. Besonders spannend ist der Einsatz in der Medikamentenentwicklung: Durch Simulationen und Mustererkennung lassen sich Wirkstoffe schneller identifizieren und ihre Erfolgschancen realistischer einschätzen. Das spart Zeit und Kosten – und kann Patient*innen früher Zugang zu innovativen Therapien ermöglichen.
So groß die Chancen auch sind – die Umsetzung von KI im Gesundheitswesen ist in Österreich mit besonderen Hürden verbunden. Datenschutzgesetze setzen enge Grenzen für den Umgang mit Patientendaten. Zudem sind IT-Systeme zwischen Praxen, Kliniken und Krankenkassen oft nicht kompatibel, was den Datenaustausch erschwert. Auch die Akzeptanz spielt eine große Rolle: Viele Patient*innen, aber auch Fachkräfte stehen KI-Systemen skeptisch gegenüber, insbesondere wenn Entscheidungen nicht transparent erklärt werden können. Schließlich sind rechtliche Fragen wie Haftung und Zertifizierung von KI-Systemen noch nicht abschließend geklärt.
Trotz dieser Herausforderungen eröffnen sich enorme Chancen. Mit dem Ausbau von ELGA entstehen neue Möglichkeiten, Patientendaten für eine ganzheitliche Versorgung zu nutzen. Digitale Gesundheitsanwendungen bringen KI direkt zu den Patienten nach Hause. Gleichzeitig wird die Entwicklung „erklärbarer KI“ (Explainable AI) dafür sorgen, dass Entscheidungen nachvollziehbarer und vertrauenswürdiger werden. Langfristig könnte KI zu einem integrierten Versorgungsmodell beitragen, das sektorübergreifend funktioniert und den Menschen in den Mittelpunkt stellt – effizienter, vernetzter und menschlicher.
Die kommenden Jahre werden entscheidend sein, um die Potenziale von KI im Gesundheitswesen wirklich nutzbar zu machen. Unsere Gesundheitspolitik steht dabei an einem Wendepunkt: Einerseits besteht ein klarer Handlungsdruck, Prozesse zu modernisieren und Versorgung nachhaltiger zu gestalten. Andererseits sind die Rahmenbedingungen – von der technischen Infrastruktur über die gesetzlichen Regelungen bis hin zur gesellschaftlichen Akzeptanz – komplex und teilweise noch unzureichend entwickelt.
Die Artikelreihe will zeigen, dass KI kein „Wundermittel“ ist, das auf Knopfdruck alle Probleme löst. Sie ist vielmehr ein Werkzeug, das gezielt eingesetzt werden muss, um bestehende Strukturen zu verbessern, Fachkräfte zu entlasten und Patient*innen einen echten Mehrwert zu bieten. Voraussetzung dafür sind nicht nur technologische Innovationen, sondern auch klare politische Leitplanken, offene Schnittstellen zwischen den Akteuren sowie ein verantwortungsvoller Umgang mit sensiblen Gesundheitsdaten.
Besonders wichtig wird sein, Transparenz und Vertrauen zu schaffen: Patienten wie auch Krankenhauspersonal muss nachvollziehen können, wie eine KI zu ihren Empfehlungen kommt. Nur so kann bei allen Beteiligten die erforderliche Akzeptanz entstehen. Gleichzeitig eröffnen sich mit dem Ausbau der ELGA mit sinnvollen digitalen Gesundheitsanwendungen sowie mit der Umsetzung von sektorübergreifenden Versorgungspfaden Chancen, die es vor wenigen Jahren noch nicht gab.
Quellen:
[1] Sinsky, C. et al. (2016): Allocation of Physician Time in Ambulatory Practice: A Time and Motion Study in 4 Specialties. Annals of Internal Medicine, 165(11), 753–760.
[2] Olson, L. L. et al. (2025): Association of an Artificial Intelligence Ambient Scribe With Physician Documentation Burden and Visit Efficiency. JAMA Network Open, 8(2), e2451849.
[3] Chomutare, T. et al. (2025): Evaluating Easy-ICD: A Deep Learning–Based System for Assisted Clinical Coding. Frontiers in Artificial Intelligence, 8, 1529314.