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Vermehrt psy­chische Pro­bleme bei Kindern kurz nach Sommer­ferien

22. September 2025 | APAMED (APA-OTS)
Depressiver Schüler im Gespräch mit Ärztin.
Depressiver Schüler im Gespräch mit Ärztin.

Anstieg der Belastungen von Kindern und Jugendlichen - Ausbau der ambulanten und stationären Versorgung gefordert

Ein bis zwei Wochen nach den Sommerferien suchen mehr Schüler*innen Hilfe bei psychischen Belastungen auf. Schule und Ausbildung sind zentrale Themen für Jugendliche, so Paul Plener, Vorstand der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am AKH/Medizinische Universität Wien. Wenn da etwas nicht funktioniert, "kommt es eher zu krisenhaften Verläufen". Die Akutvorstellungen sind zur Zeit vor Corona generell um 80% gestiegen, es brauche einen Ausbau der Versorgung.

Der Großteil aller Akutvorstellungen an seiner Klinik - ungefähr 70% - hat mit dem Thema Suizidalität zu tun, also Jugendliche nach Suizidversuchen oder mit Gedanken, nicht mehr leben zu wollen, erläuterte Plener. "Wir sehen pro Jahr etwa 200 Jugendliche nach einem Suizidversuch." Hinzu kommen in den vergangenen Monaten vermehrt Vorstellungen aufgrund eines sehr schlechten Ernährungszustands im Rahmen von Essstörungen, berichtete der Kinder- und Jugendpsychiater. Hier bestehe oft schon akuter Behandlungsbedarf, teilweise auch stationär.

 

Anstieg seit 2015 bemerkbar

Die Entwicklungen haben jedoch bereits 2015 - also vor Corona - begonnen. Bis dahin hatten Junge und Ältere ihr Wohlbefinden in Studien recht gut bewertet. Nun sind Jugendliche genauso belastet wie Personen im mittleren Lebensalter, berichtete Plener. Auch die verstärkten psychischen Probleme nach Wiederbeginn des Schuljahres seien schon vor der Pandemie bekannt gewesen. Diese sind bis in den November zu beobachten und fallen auch in den "Yellow September", den internationalen Aktionsmonat für psychische Gesundheit, der vom Welttag der Suizidprävention am 10. September bis zum Tag der seelischen Gesundheit am 10. Oktober dauert.

Die Themen sind in allen Jugendbefragungen in Österreich und Deutschland ähnlich, sagte Plener zu den Gründen für die psychischen Belastungen. Das sind Kriege und Terrorismus sowie der Klimawandel als Sorge, aber auch sozioökonomische Themen wie die auseinanderdriftende Schere zwischen Arm und Reich, die Leistbarkeit von Wohnungen und der Einstieg in den Arbeitsmarkt. Es sei "weiterhin so, dass wir eine sehr starke Inanspruchnahme spüren", erläuterte Plener. Die Zunahme der Akutvorstellungen in den vergangenen zehn Jahren sei nur "mit sehr motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern" an seiner Klinik zu bewältigen, sagte er auf Nachfrage. Am Personalstand habe sich kaum etwas verändert, aber "wir haben eine Versorgungspflicht", betonte er.

 

Stationäre Aufenthalte verkürzt

Mit dem aus der Wirtschaft bekannten Tool des sogenannten Lean Managements wurden am AKH zudem die Behandlungspfade analysiert, Abläufe neu definiert und mehr Zeit für "patientennahe Tätigkeiten" freigeschaufelt, berichtete Plener. Dabei waren neben den Fachärzten zwölf weitere Berufsgruppen, die an der Klinik im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie tätig sind, eingebunden - von Psycholog*innen und Psychotherapeut*innen über Pflege, Sozialpädagogik, Sozialarbeit, Ergotherapie, Physiotherapie, Musiktherapie, Logopädie, Sonderkindergärtner*innen und Diätolog*innen bis hin zu Verwaltungskräften.

Österreichweit habe sich die Liegedauer im stationären Bereich wegen des Andrangs deutlich verkürzt, "was in vielen Fällen ohnehin gut ist", erläuterte Plener. Bestimmte Probleme könnten sich auch ambulant klären lassen und neben Akutvorstellungen gibt es auch planbare Aufnahmen auf der Station, sagte der Universitätsprofessor.

 

"Entwicklungen verschlafen"

In den vergangenen Jahren habe es einen Zuwachs der ambulanten Strukturen gegeben, vor allem die Stadt Wien habe groß ausgebaut. Außerdem gebe es viele lokale Projekte, wie das Home-Treatment. Das sind jedoch noch keine Projekte der Regelversorgung, betonte Plener. Auch Präventionsangebote seien nicht alle evaluiert und getestet. Schulen bemühen sich beispielsweise, solche Projekte zu sich zu holen, berichtete der Mediziner. Wichtig sei eine Datenlage, die zeigt, dass eine Wirkung erwartet werden kann, sagte Plener, der auch Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Kinder und Jugendpsychiatrie (ÖGKJP) ist.

Der Rechnungshof (RH) hatte Ende August in einem Bericht eine große psychiatrische Unterversorgung von Kindern und Jugendlichen in Österreich festgehalten. Er verwies unter anderem darauf, dass das Gesundheitsministeriums im Jahr 2022 in mindestens zwölf von 32 Versorgungsregionen von einer mangelhaften ambulanten Versorgung ausging. Die ÖGKJP hatte nach dem RH-Bericht abermals einen Ausbau im ambulanten und stationären Bereich gefordert. "Das Burgenland hat keine Kinder- und Jugendpsychiatrischen Betten" und die "Entwicklungen verschlafen", kritisierte Plener nun im APA-Gespräch scharf.

 

Genaue Daten fehlen

Zudem brauche es die Erhebung valider Zahlen zu psychischen Erkrankungen in Österreich. "Die letzte repräsentative Studie wurde 2015 publiziert", sagte Plener. Auch eine Verbesserung der Ausbildungssituation im Fach Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapeutische Medizin sei nötig. Die Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Wien hatte erst kürzlich ihr 50-jähriges Bestehen gefeiert. Beim Wissen habe sich seither "sehr viel weiterentwickelt", sagte der Klinik-Vorstand.

Das Sonderfach Kinder- und Jugendpsychiatrie gibt es jedoch erst seit 2007. Österreichweit sind derzeit etwa 330 Fachärztinnen und Fachärzte auf dem Gebiet tätig und 85 in Ausbildung. Pro Jahr werden rund zwölf bis 14 fertig, die Ausbildung dauert sechs Jahre. Am AKH/MedUni Wien werden in den kommenden Jahren 14 neue Ausbildungsstellen in dem Bereich geschaffen, weil die Stadt den Bedarf erkannt und "massiv Geld in die Hand genommen" habe, berichtete Plener. Fachärzt*innen für Kinder- und Jugendpsychiatrie zählen nicht nur in Österreich, sondern im gesamten deutschsprachigen Raum zu den am meisten gesuchten, betonte er.