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Die Idee ist bestechend: Wenn kein Mediziner zur Hand ist, wird er gerufen – digitalerweise per Videocall. So lässt sich medizinische Versorgung bis in die letzten Winkel der Geografie transferieren. Und dies ist keine Zukunftsmusik: Auf diese Weise treten am norwegischen Polarkreis Rentierzüchter mit ihren Community Nurses in Kontakt. Und diese holen sich – wenn notwendig und nicht anders machbar – auf gleichem Wege schon mal Rat bei einem Osloer Universitätsprofessor aus dem Rikshospitalet. Das kann Telemedizin.
Bald soll es eine landesweite Infrastruktur für Telemedizin auch weiter südlich geben. Der Druck auf das österreichische Versorgungssystem ist hoch – und der Bedarf an Primärversorgungskapazitäten dringend. Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) plant, ein Ambulatorium hochzuziehen, das den leicht erkrankten Teilen der Bevölkerung per Videocall schnelle und unkomplizierte Linderung bringen soll – beraten durch Mediziner, konsultiert per PC oder Smartphone. Den Anfang sollen Allgemeinmediziner machen –, wenn man sie lässt. Denn inzwischen ist von Aufbruchstimmung keine Rede mehr. Grund sind Einsprüche der Ärztekammern Wien und Steiermark, denen der Bundesverwaltungsgerichtshof auch stattgegeben hat – „aus formalen Gründen“, wie es heißt. „Dadurch verzögert sich natürlich die Umsetzung der Telemedizin in Österreich auf unbestimmte Zeit“, heißt es auf Anfrage aus der ÖGK bedauernd.
Die organisatorische Umsetzung ist in Form eines Public-Private-Partnership-Modells vorgesehen, wobei die ÖGK Mehrheitseigentümerin der Betriebsgesellschaft bleibt. Diese soll das Ambulatorium führen und zugleich Vertragspartnerin der Patientinnen und Patienten sowie der behandelnden Ärztinnen und Ärzte sein.
Der private Partner übernimmt eine zentrale Rolle beim Aufbau und Betrieb. Dazu gehören Management, Personalplanung, Organisation des Qualitätsmanagements, Terminverwaltung, Abrechnung sowie der technische Betrieb der Plattform. Auch Wartung, User-Support und IT-Weiterentwicklung sind Teil des Auftrags. Der Vertrag ist auf acht Jahre angelegt, bestimmte Module – wie die Betriebsführung oder der Plattformbetrieb – können separat gekündigt werden.
Patientinnen und Patienten erhalten in diesem Fall einen Link, über den sie sich in eine sichere Videoumgebung einloggen können. Die Konsultationen übernehmen voll ausgebildete Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner. Geplant ist eine Erstversorgung, die die Beratung zu Symptomen, die Abklärung leichter Beschwerden sowie Entscheidungen über weitere Schritte umfasst. Vorgesehen sind auch Medikamentenverschreibungen und Krankmeldungen bis zu einer definierten Dauer. Bei Bedarf erfolgt eine Überweisung an niedergelassene Fachärzte oder Spitäler. Das Ambulatorium wird an die ELGA-Infrastruktur angebunden sein, wodurch der kommunizierende Arzt Zugang zu den Patientendaten und bildgebender Medizin hat.
Zum Start ist das Fachgebiet Allgemeinmedizin vorgesehen. In einer zweiten Stufe sollen auch Dermatologie, Innere Medizin sowie Kinder- und Jugendheilkunde in die telemedizinische Behandlung einbezogen werden. Das neue telemedizinische Angebot wird es von Montag bis Sonntag geben mit noch festzulegenden Öffnungszeiten. 24 Stunden täglich wird es zu Beginn noch nicht geöffnet haben. Es soll aber jedenfalls Tagesrandzeiten abdecken. Erfahrungen aus Pilotprojekten wie der telemedizinischen Videokonsultation über 1450 in Wien sollen in den Aufbau einfließen.
Geeignete Fälle gelangen von dort direkt in die digitale Sprechstunde. In einer Videokonferenz werden von den Medizinern und Medizinerinnen Symptome aufgenommen, die Krankengeschichte erhoben und Behandlungsmöglichkeiten besprochen. Möglich sind auch Folgeentscheidungen: die Ausstellung eines Rezepts, eine befristete Krankmeldung oder eine Überweisung.
Die Ärztekammer Wien betont in ihren Stellungnahmen, dass sie Telemedizin grundsätzlich unterstütze – „vorausgesetzt, sie stärkt die bestehenden Versorgungsstrukturen und bleibt ärztlich gesteuert“, wie die Kammer in einer schriftlichen Fragebeantwortung für die ÖKZ betont. Ein telemedizinisches Erstversorgungssystem müsse über den Vertrauensarzt, sprich Hausarzt, laufen.
Vom Bundesverwaltungsgericht wurde vor allem beanstandet, dass „bestimmte inhaltliche und umfangsbezogene Rahmenbedingungen in der Vergabeunterlage präzisiert werden müssen“, kommentiert die ÖGK. Eine Neuausschreibung sei in Vorbereitung. Die vorgesehene Einführung im Jahr 2026 stehe derzeit unter Vorbehalt.
Quelle: ÖKZ 4/2025, 66. Jahrgang, Springer Verlag.