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Pflege­lehre: Mehr Be­werber als Plätze

18. November 2025 | Josef Ruhaltinger
Teenagern mit Pflegelehre.
Teenagern mit Pflegelehre.

Seit Herbst 2023 können Jugendliche in Österreich den Beruf der Pflegeassistenz oder Pflegefachassistenz über eine Lehre ergreifen. Die Nachfrage übersteigt die Zahl der angebotenen Plätze.

Am Anfang stand die Skepsis. Bei Einführung der Pflegelehre 2023 bezweifelten viele Kritiker, dass 15-jährige Jugendliche für den Pflegeberuf reif genug seien. Doch die Nachfrage übertrifft das Angebot. Bei der Caritas Wien etwa gingen im Frühjahr 2025 rund 300 Bewerbungen ein, aufgenommen wurden nur neun Lehrlinge. „Der Andrang hat alle überrascht“, meinte Projektmanagerin Susanne Holuba im Wochenmagazin Falter. Als großen Vorteil sieht Holuba, dass Jugendliche sofort nach der Pflichtschule starten können. Viele Teenager haben mit 15 oder 16 die Schule satt. Die Pflegelehre bietet die ideale Gelegenheit, einen sanften Einstieg ins Berufsleben zu wagen. Und es gibt die Chance, das erste eigene Geld zu verdienen. Bei der Caritas bekommen die Lehrlinge im ersten Lehrjahr eine Lehrlingsentschädigung von 820 Euro netto im Monat.

Der Wunsch der Jugendlichen, die Schulluft mit dem Berufsalltag zu tauschen, wird allerdings nur unzureichend erfüllt. Ohne Theorie kommt auch die Pflegelehre nicht aus. 80 Prozent der Ausbildungszeit verbringen die Lehrlinge im Krankenhaus, dem Pflegeheim oder in den länderspezifischen Schulstandorten für Gesundheits- und Krankenpflege. Den Rest der Zeit verbringen die Lehrlinge in der Berufsschule mit zehnwöchigen Ausbildungsblöcken pro Lehrjahr. Die Lehrzeit beträgt drei Jahre für die Pflegeassistenz und vier Jahre für die Pflegefachassistenz. Bei unter 17-Jährigen ist der Patientenkontakt auf sozial-kommunikative Tätigkeiten beschränkt; pflegerische Handlungen werden in dieser Phase in Simulationen geübt. Ergänzend absolvieren die Lehrlinge Praktika in Bereichen wie der mobilen Pflege oder Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigung.

 

Praxisbeispiele aus den Bundesländern

Salzburg startete im September 2025 ein österreichweit beachtetes Pilotprojekt im Akutbereich. Sieben junge Frauen begannen ihre Ausbildung am Uniklinikum Salzburg, wo Pflegedirektorin Franziska Moser betont, dass die Pflegelehre „ein innovativer Beitrag ist, um dem steigenden Bedarf an Pflegepersonal zu begegnen“. Die Lehrlinge werden schrittweise an pflegerische Tätigkeiten herangeführt, begleitet von erfahrenen Praxisanleiterinnen und Mentoren. Sie unterstützen die Lehrlinge engmaschig, fördern Eigeninitiative und sorgen dafür, dass sich das theoretisch Gelernte in den Stationsalltag übertragen lässt.

In Tirol bildet die Innsbrucker Soziale Dienste GmbH (ISD) seit Oktober 2023 Pflegelehrlinge aus. „Wir achten genau darauf, dass Tätigkeitsbereiche klar geregelt sind – von Überforderung ist keine Rede“, erklärt Ausbildungsleiterin Renate Kirchler. Derzeit sind bei der ISD neun Lehrlinge aus der ersten Gruppe aktiv, die vor drei Jahren gestartet sind. Acht Lehrlinge sind aus dem zweiten Jahrgang in Ausbildung und im Herbst 2025 haben 18 neue Auszubildende begonnen. Kirchler schätzt, dass in ganz Tirol über 70 Pflegelehrlinge den Pflegeberuf erlernen. Besonders wichtig sei, junge Lehrlinge unter 17, die noch keine pflegerischen Tätigkeiten übernehmen, nicht zu unterfordern. Die ISD legt in dieser Phase den Fokus auf Sozialbetreuung, Begleitung ergotherapeutischer Gruppenangebote und das Kennenlernen anderer Arbeitsbereiche. Interessant. Die ISD bietet ausschließlich die dreijährige Lehre zur Pflegeassistenz an. Ausbildungsleiterin Kirchler weiß nur von zwei Lehrlingen, die eine vierjährige Lehre zur PFA absolvieren.

Auch in Oberösterreich ist das Interesse am Lehrberuf hoch. Im November 2024 begannen die ersten 17 Pflegelehrlinge an den Kooperationsschule der OÖ Gesundheitsholding. In der OÖG absolvieren aktuell in Summe 648 Personen eine Ausbildung zur Pflegeassistenz oder Pflegefachassistenz. Eine Befragung ergab: 95 Prozent der Auszubildenden sind mit ihrer Ausbildung zufrieden, 90 Prozent würden sie erneut wählen. Die positive Entwicklung resultiert unter anderem aus der Schaffung neuer Ausbildungen wie „Pflegestarter*innen“ und der Ausbildung an einer Höheren Lehranstalt für Pflege- und Sozialberufe (kurz HLPS) mit Maturaabschluss.

Auch in Österreichs westlichstem Bundesland fällt die Idee der Pflegelehre auf fruchtbaren Boden. „Wir haben fünfmal so viele Bewerber wie Stellen“, sagt Vorarlbergs Landesrätin Martina Rüscher. 2023 starteten zwölf Lehrlinge, 2024 waren es 14, und 2025 werden zwischen 16 und 20 erwartet. Insgesamt gibt es derzeit 24 Pflegelehrlinge an 13 Standorten, etwa bei der Stiftung Liebenau oder im Antoniushaus Feldkirch. Nur eine Person hat bisher abgebrochen. „Wir suchen mittlerweile Mitarbeiter auf allen Ebenen“, bestätigt Klaus Müller, Geschäftsführer der Liebenau Österreich gemeinnützige GmbH, zu der mehrere Pflegeheime im Land gehören. „Die Pflegelehre ist dabei ein ganz wesentlicher Baustein, vor allem für die Gewinnung qualifizierter Assistenzmitarbeiter.“ Auch der Altersmix im Team werde bunter. Laut dem Büro von Landesrätin Rüscher sind 54 Vollzeitstellen beim diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegepersonal unbesetzt, 14 sind es bei den Pflegeassistentinnen und Pflegeassistenten sowie 17 bei den Heimhilfen.

 

Zwischenbilanz und Akzeptanz

Laut Gesundheitsministerium befanden sich Ende 2024 österreichweit 152 Pflegelehrlinge in Ausbildung. Besonders positiv bewertet wird, dass das Modell Jugendlichen den direkten Einstieg nach der Pflichtschule ermöglicht. Gleichzeitig bleibt die Zahl der Lehrbetriebe ein Engpass: Pro Praxisanleiter dürfen nur drei Lehrlinge betreut werden – eine deutlich strengere Regelung als in anderen Lehrberufen. Auch das Berufsbild selbst steht im Wandel. Mit der Pflegelehre rückt die Pflegearbeit näher an die klassische duale Ausbildung heran – ein Konzept, das in anderen Ländern, etwa in der Schweiz, seit Jahren erfolgreich etabliert ist. Fachverbände betonen, dass die Lehre eine wichtige Ergänzung, aber kein Ersatz für akademische Pflegeausbildungen sei. Vielmehr soll sie jene jungen Menschen ansprechen, die lieber praktisch arbeiten und früh Verantwortung übernehmen möchten.

 

Karrierechancen und Perspektiven

Nach Abschluss der Ausbildung stehen den Pflegelehrlingen mehrere Wege offen: Sie können unmittelbar in den Beruf einsteigen oder später – mit Berufserfahrung – eine weiterführende Qualifikation, etwa zur diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegeperson, anstreben. Einige Bundesländer prüfen derzeit, ob Lehrabsolventinnen und -absolventen über spezielle Aufbaulehrgänge in kürzerer Zeit zum Diplom geführt werden können.

Im Berufsalltag wird deutlich, dass junge Pflegekräfte neue Impulse setzen: Sie bringen digitale Kompetenzen, hohe Lernbereitschaft und ein anderes Verhältnis zu Teamarbeit mit. Gleichzeitig zeigen sich Herausforderungen, etwa die Vereinbarkeit von Ausbildung und emotional belastenden Situationen im Pflegealltag. Viele Lehrbetriebe reagieren darauf mit Mentoring-Programmen, Supervision und begleitender psychosozialer Unterstützung.

Die Pflegelehre ist damit noch im Aufbau: Sie öffnet einen neuen Zugang zu einem Beruf, der gesellschaftlich unverzichtbar ist. Die Beispiele aus Wien, Salzburg, Tirol, Oberösterreich und Vorarlberg belegen, dass das Interesse groß ist. Entscheidend wird sein, ob und wie das Modell weiterentwickelt wird.  

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