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Alles im grünen Bereich?

2. Juli 2021 | Michaela Endemann
Neue Freiheit mit QR-Code: Die "Grüne Pass" App
Neue Freiheit mit QR-Code: Die "Grüne Pass" App

Die Realisierung des Grünen Passes, der Zutritts- und Reiseerlaubnis für 3G-Menschen, war von mehreren Hoppalas begleitet.

Ob COVID-19-geimpft, negativ getestet oder genesen – es genügt, eine Bestätigung dafür herzuzeigen, und ab geht die Reise. Gute Idee, aber wie kann so etwas sinnvoll und länderübergreifend gestaltet werden? Ganz neuzeitlich am besten mittels eines QR-Codes, einer Art Pass am Smartphone. Israel hat es bereits im Februar vorgehüpft. Die EU zog mit dem Vorschlag eines „grünen Nachweises“ bald nach. Österreichs Kanzler wollte ganz vorne mit dabei sein. Doch Reisen mit Grenzübertritt sind eine Sache, Zertifikate, die zum Zutritt ins Wirtshaus, zum Blasmusikkonzert oder zum Besuch in einem Pflegeheim berechtigen, eine andere. Denn die EU hat keine Kompetenz, Innerstaatliches vorzuschreiben. Zwar können die EU-Vorgaben verwendet werden, doch wie die innerstaatliche Lösung aussieht, ist jedem Mitgliedsland selbst überlassen. Und so war das digitale Chaos von Anfang an programmiert. Absurditäten, heillose Verwirrung und eine Vermischung von EU- und innerstaatlichen Zielen tun ihr Übriges.

 

Eine Chronologie der Absurditäten 

FEBRUAR 

Österreich/EU: 
Bundeskanzler Sebastian Kurz fordert am 25. Februar auf EU-Ebene einen Grünen Pass ähnlich wie in Israel.

 

MÄRZ 

Österreich: 
Am 17. März kündigt Bundeskanzler Kurz in einem ORF-Interview an, der Gesundheitsausschuss werde am nächsten Tag die Weichen für die notwendige gesetzliche Grundlage für den österreichischen Grünen Pass stellen und auch vorschlagen, ihn schon im April in Umsetzung zu bringen. Gesundheitsminister Rudolf Anschober sagt: „Diese Lösung ist einfach, rasch und fälschungssicher.“ 

EU: 
Die Kommission legt Mitte März einen Legislativvorschlag für digitale grüne Zertifikate vor. 

 

APRIL 

EU: 
Die Kommission beginnt mit der Errichtung einer digitalen Infrastruktur. Im Sommer soll alles fertig sein. Mit der praktischen Umsetzung wurden die deutsche Telekom und SAP betraut, Pilotprojekte laufen an. Auch Österreich wird im Mai am Pilotprojekt zum EU-Green Pass teilnehmen. Details waren vom Gesundheitsministerium auf Anfrage der ÖKZ nicht zu erfahren. Die Zertifikatsausstellung selbst verbleibt bei den Ländern, die ebenfalls beginnen, eigene Projekte für die innerstaatlichen Lösungen zu bauen.

 

MAI 

Österreich: 
Man wolle nicht auf die EU-Lösung warten, die erst im Sommer umgesetzt werden solle, das sei für Österreich zu spät. Zu diesem Zeitpunkt müsste der österreichische Tourismus schon längst angelaufen sein, sagt Kanzler Kurz am Rande einer Pressekonferenz am 4. Mai. 

„Zum österreichischen System haben wir mehr Fragen als Antworten. Warum wird an einem System, das unsere sensibelsten Gesundheitsdaten beinhalten wird, im Geheimen gearbeitet?“, fragt sich Thomas Lohninger von der NGO epicenter.works Anfang Mai und fordert, dass auch in Österreich – ebenso wie in der EU (siehe Kasten) – alle Entwicklungen Open Source durchgeführt werden. Das würde sowohl der Qualität als auch dem Vertrauen durch die Bevölkerung guttun. Lohninger: „Unsere größte Sorge bei dem Thema Grüner Pass ist, dass wir damit überwacht werden könnten. Bei einer falschen Architektur, die für jede Überprüfung eines Grünen Passes durch einen Billeteur oder Kellner zuerst an zentraler, staatlicher Stelle anfragt, sind auch alle diese Theateroder Restaurantbesuche beobachtbar. Das Bild über das Sozialverhalten oder die Bewegungsprofile der Bevölkerung wäre fast lückenlos. So eine Datenflut muss nicht sein.“ Doch damit nicht genug, ist auch von Plänen zu hören, die eCard-Nummer als Schlüssel für die Abfrage des Corona-Status einer Person aus einem zentralen System zu verwenden. Die SVC, die Sozialversicherungs-Chipkarten Betriebs- und Errichtungsgesellschaft, die das eCard-System geschaffen hat, weiß davon nichts. Auf Nachfrage der ÖKZ heißt es von dort: „Der Green Pass ist kein Projekt der SVC, wir können daher dazu leider keine Fragen beantworten. Bitte wenden Sie sich dazu an das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz.“

Am 4. Mai stellen Tourismusministerin Elisabeth Köstinger und der damals zwei Wochen im Amt befindliche Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein eine Lösung für den Grünen Pass mittels eCard vor. Der Aufschrei der Datenschützer erfolgt augenblicklich: Die eCard müsse zu oft, nämlich bei jedem Kaffeehaus- und Theaterbesuch aus der Hand gegeben werden. Durch Abfotografieren der eCard könnte der Status des Kartenbesitzers jederzeit erneut abgefragt werden, ist eine der Befürchtungen. 

Außerdem sei ein automatisiertes Abrufen der Daten sämtlicher sozialversicherter Menschen möglich. "Man kann nicht ein System bauen, wo an einer zentralen Stelle Daten über das komplette soziale, sportliche und religiöse leben eines Menschen im Land aufscheint, und dann sagen, ja, ihr könnt uns eh vertrauen", kristisiert Lohninger in der ZIB2 am 6. Mai. Bioethikkommission, Datenschutzrat, Ärztekammer, die Fachabteilung der Wirtschaftskammer und der Fachverband der Elektroindustrie äußern Bedenken und sprechen sich ebenfalls klar gegen eine solche Version des Grünen Passes aus.

Qusi über Nacht wird der Plan gestoppt, eine Änderung in Aussicht gestellt. "Es hat die ZIB gebraucht, dass man in Österreich transparenter agiert, es gab erste Gespräche mit Stakeholdern und es gibt endlich auch eine Begutachtung zum Gesetzesentwurf. Ich sehe erstes Licht am Tunnel", meint Lohninger Ende Mai.

Doch die Novelle des Epidemiegesetzes sorgt für den nächsten Aufruhr. In der ursprünglichen Fassung ist festgeschrieben, dass "zum Zwecke der epidemologischen Überwachung" Daten aus dem Arbeitsmarkt-, Bildungsstands- und Erwerbstandsregistern mit den Daten aus dem Epidemiologischen Meldesystem EMS verknüpft werden sollen - ein Gesetzesentwurf, der nicht weniger als 16.466 großteils negative Stellungnahmen provoziert. Nach massiver Kritik unter anderem des Dachverbands der Sozialversicherungsträger, der ELGA GmbH und der Oppositionsparteien wird auch dieses Vorhaben geändert, eine um die heiklen Passagen bereinigte Gesetzesfassung wird am 26. Mai im Nationalrat abgesegnet.

Seit 19. Mai gilt in Österreich jedenfalls ein Ausdruck mit einer Bestätigung über einen negativen Test, eine Impfung oder eine Genesung als Eintrittskarte ins Gasthaus, zum Friseur und überall dorthin, wohin man monatelang nicht gehen durfte. Der digitale österreichische Grüne Pass ist für den 4. Juni versprochen - ob dieser Termin eingehalten wird, ist zum Redaktionsschluss dieser ÖKZ-Ausgabe wenige Tage davor nicht klar.

EU:
Am 20. Mai steigt in Brüssel virtueller weißer Rauch auf. Die Mitgliedstaaten und das EU-Parlament haben sich auf Details eines europaweiten Zertifikats zum Nachweis von Corona-Impfungen, -Tests und überstandenen COVID-19-Erkrankungen geeinigt. Technische Vorarbeiten auf nationaler Ebene mit nationalen Vergabestellen der Zertifikate in den 27 Mitgleidstaaten laufen an, zumindest dort, wo das noch nicht geschehen ist. Anfang Juli soll es dann soweit sein mit dem Green Pass. 

Gute Reise. 

TECHNISCHE STANDARDS UND OPEN SOURCE 

In der EU einigte man sich schnell auf technische Standards, die für alle gelten. Leitlinien beschreiben Referenzimplementierungen für eine Software zur Ausstellung von digitalen grünen Zertifikaten, eine Referenz-App zur Verifizierung von Zertifikaten und eine Vorlage für eine Wallet-App, in der die Bürger die Zertifikate speichern können. Alle technischen Standards der EU in Sachen Green Pass sind Open Source. Ebenso der „Gateway“, also die Schnittstelle, an die die einspeisenden Mitgliedsländer an die zentral verwaltete EU-Infrastruktur angeschlossen werden, damit die Echtheit der digitalen grünen Zertifikate bei Grenzübertritt leichter überprüft werden kann. „Es war ein sehr wichtiger Schritt der EU, dass jeglicher Quellcode, der in der EU-Infrastruktur zur Anwendung kommen soll, Open Source ist“, sagt Thomas Lohninger, Geschäftsführer der Grundrechts-NGO epicenter.works. Denn: „Eine Open-Source-Entwicklung ist wie ein Peer Review eines wissenschaftlichen Papers und dient der Verbesserung, aber auch dem Aufbau von Vertrauen, dass eben nichts im Geheimen geschieht, was dem Bürger schaden könnte.“

KEINE ZENTRALE SPEICHERUNG 

Ebenfalls klar festgelegt wurde von der EU auch: Die Zertifikate dürfen nur eine begrenzte Anzahl notwendiger Daten enthalten. Sie dürfen von den Behörden der vom jeweiligen Passinhaber besuchten Länder nicht gespeichert werden. Zu Authentifizierungszwecken wird nur überprüft, wer das Zertifikat ausgestellt und unterzeichnet hat und wie lange es gültig ist. Alle Gesundheitsdaten verbleiben bei dem Mitgliedstaat, der das digitale grüne Zertifikat ausgestellt hat. 

VIELES NOCH UNGEKLÄRT

Fast schon ein Nebenschauplatz sind medizinische Fragen über Gültigkeitsdauer von Tests, Impfungen oder Immunität und wie sicher es überhaupt ist, dass von diesen drei Gruppen keine Infektionsgefahr mehr ausgeht. Ebenso unklar ist, welche Impfstoffe als sicher gelten. Insbesondere über Sputnik V wird diskutiert, der ja in der EU nicht zugelassen ist, aber in Ungarn verimpft wird. Wie hier Pendler behandelt werden, ist noch nicht bestimmt.

"Die Schwierigkeit im Reiseverkehr liegt darin, dass jedes EU-Land eigene Regeln erstellt hat. So gelten in einem Land z.B. die PCR-Tests drei Tage, im anderen einen Tag. Daher genügt bei einem Grenzübertritt eben nicht nur ein "grün" als Nachweis, sondern auch was genau und wie lange gültig ist", erläutert Thomas Lohninger von epicenter.works. Da soll ebenfalls noch nachgebessert werden., hört man aus der EU. 

Quelle: ÖKZ 06-07/2021 (Jahrgang 62), Springer-Verlag

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