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Für die Zukunft gerüstet? 

25. Juni 2025 | Walter Zifferer
Medizinisches und pflegerisches Krankenhauspersonal.
Medizinisches und pflegerisches Krankenhauspersonal.

Am 25. Juni 2025 hielt Frau Dr. Katharina Reich, Generaldirektorin für Öffentliche Gesundheit des österreichischen Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, eine der Eröffnungsreden am Berliner Hauptstadtkongress. Ihr Beitrag "Für die Zukunft gerüstet - Beispiel Österreich: Wie unser Nachbarland mit Gesundheitsinnovationen umgeht" nahm sie Stellung zu den Herausforderungen rund um den Fachkräftemangel, den Nachholbedarf rund um die Digitalisierung des österreichischen Gesundheitswesens.

Reich stützte sich in ihren Ausführungen insbesondere auf den "OECD Health at a Glance Europe 2024" Report. Dieser belegt, dass der Anteil der Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen in beinahe allen EU-Ländern in den letzten zwei Jahrzehnten gestiegen ist. 2022 lag der Anteil im EU-Schnitt der Anteil bei 11% - in Österreich bei 11,2%. Und obwohl Österreich am Papier genügend medizinische Beschäftigte aufweist, sorgen strukturelle Probleme, Fachverteilung, Überlastung im Pflegebereich und ein ungünstiges Systemumfeld dafür, dass die Versorgungslage angespannt bleibt. Hier ein Überblick über die wichtigsten Ursachen des Fachkräftemangels:

 

Ungleichverteilung der Ärzte

Viele heimischen Ärzte arbeiten in Städten oder Spitälern, während in ländlichen Regionen Kassenstellen oft unbesetzt bleiben. Dieses starke Stadt-Land-Gefälle verzerrt sie Statistiken der Anzahl der beschäftigten Mediziner zu Lasten der ländlichen Regionen erheblich, wo teilweise große Versorgungslücken bestehen. Parallel gibt es sichtbare Überhänge in bestimmten Fachdisziplinen (z.B. Dermatologie, Radiologie) und entsprechende Unterversorgung in den Bereichen der Allgemeinmedizin oder in der jüngst stark nachgefragten Kinder- und Jugendpsychiatrie. Weiters wählen immer mehr Mediziner die freiberufliche Tätigkeit als Wahlarzt, wodurch sie dem öffentlichen System teilweise entzogen sind.

 

Pflegekräftemangel – das eigentliche Nadelöhr

Die größte Personalnot herrscht jedoch nicht bei Ärzten, sondern im Pflegebereich. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Allen voran ist eine unterdurchschnittliche Bezahlung der Tätigkeiten im Verhältnis zur Belastung nach wie vor unbestritten – die erforderlichen Schichtdienste als auch die körperlich und emotional fordernden Tätigkeiten setzen dem Personal spürbar zu. Viele Beschäftigte verlassen den Beruf vorzeitig. Gleichzeitig wollen weniger junge Menschen Pflegeberufe ergreifen, obwohl die Anreize und Ausbildungen aktuell stark ausgebaut werden.

 

Alterung der Gesellschaft und steigender Versorgungsbedarf

  • Europa hat gewissermaßen eine doppelte Herausforderung in Bezug auf eine alternde Gesellschaft zu verkraften: Eine höhere Nachfrage an Gesundheitsdienstleistungen und eine alternde Erwerbsbevölkerung. Insbesondere der Anteil an chronisch Kranken und an Pflegebedürftigen wächst. Und dieser massiv steigende Versorgungsbedarf überfordert das bestehende Personal, auch wenn die Anzahl an Ärzte formal steigt. 
  • Mehr als ein Drittel der Ärzte und ein Viertel der Pflegekräfte in der EU sind über 55 Jahre alt und werden demnach in absehbarer Zeit in den Ruhestand eintreten. Österreich hat zwar eine höhere Ärztedichte (3. höchster Wert in der EU!) und auch mehr Krankenpfleger als der EU-Durchschnitt, doch einen starken gesellschaftlichen Alterungstrend.
     

Bürokratie und Systemineffizienz

  • Ärzte und Pflegepersonal verbringen viel Zeit mit Administration, was die tatsächliche Versorgungszeit reduziert. Digitalisierung ist vielerorts nicht ausreichend umgesetzt, was zu erheblichem und unnötigem Mehraufwand führt.
  • In Österreich ist eine "Krankenhauslastigkeit" gegeben, die überdurchschnittlich viele Kapazitäten an Krankenhausbetten bindet und zu wenig Gelder für die Primärversorgung bereitstellt.
  • Österreich weist erfreulicherweise niedrige Werte bei „unmet medical needs“ aufgrund finanzieller Barrieren auf. D.h. es gibt nur wenige Fälle, in denen Menschen medizinische Versorgung benötigen, diese aber nicht in Anspruch nehmen können. (z. B. aufgrund hoher Kosten oder Selbstbehalte, fehlender Versicherung), spricht man von unmet needs aufgrund finanzieller Hürden. Nur sehr wenige Menschen verzichten auf Arztbesuche, Behandlungen oder Medikamente aus finanziellen Gründen. Das ist ein positives Signal für die soziale Absicherung und Zugänglichkeit des Gesundheitssystems.
  • Das österreichische Gesundheitssystem weist auffallend hohe Anzahlen an CT, MR und PET Untersuchungen aus - und zwar die höchste in ganz Europa!
  • Die Verfügbarkeit und Qualität von Daten zur Analyse von Gesundheitswirtschaft und -politik ist stark verbesserungswürdig.
  • Österreich hat in der Folge auffallend hohe Gesundheitsausgaben. Nach der Kenngröße der Pro-Kopf-Ausgaben liegt Österreich hinter Deutschland auf auf Platz 2 in Europa, in % des BIP nach Deutschland und Frankreich auf Platz 3. Und trotz der ohnehin hoher Kosten des weitgehend öffentlich finanzierten System liegen die "Out-of-pocket"-Ausgaben von österreichischen Bürgern zudem über dem EU-Schnitt.
     

Ausbildungsengpässe und Übergangsprobleme

  • Turnusärzte- und Ausbildungsprobleme: Die Umstellung auf das „Basisausbildungsjahr“ hat zu Verzögerungen im Berufseinstieg geführt.
  • Zudem wandern immer noch junge Ärzte ins Ausland ab, (z.B. nach Deutschland oder in die Schweiz), weil sie dort bessere Bezahlung sowie teilweise auch bessere Arbeitsbedingungen vorfinden können.
     

Mangel an Gesundheitsinnovationen

  • Neben dem dringenden Bedarf der Forcierung der Digitalisierung im Gesundheitswesen (Vorantreibens von Telemedizin, dem Einsatz von Gesundheits-Apps, der Integration von Wearables, dem sicheren und zielgerichteten Einsatz von KI) sind insbesondere Innovationen hinsichtlich neuer Prozesse und Abläufe gefordert. 
  • Die Erarbeitung von neuen Methoden und von Wissen für Strukturorganisationen bedarf es neue Integrierte Versorgungsmodelle. Und wo Innovationen gefordert sind, braucht es auch auch Plattformen für den Expertenaustausch wie Hubs und Labs als Orte für Ideen, offene Gespräche und zum Ausprobieren ... und ja, auch zum Scheitern.

 

Wo also ansetzen? Politisch strategische Vorgaben

Die beiden Eckpfeiler für eine Reformierung des österreichischen Gesundheitswesens stellen der Bundes-Zielsteuerungsvertrag und die eHealth-Strategie Österreich dar. Sie definieren Ziele und abgeleitete Maßnahmen, um das Grundprinzip "digital vor ambulant vor stationär" umzusetzen. Die davon logisch angeleitete Schwerpunkt der nächsten Jahre sind: 

  • Das konsequente Vorantreiben der Digitalisierung des Gesundheitswesens
  • Das Umsetzen von definierten Strukturreformen und das gezielte Tätigen von Investitionen (Z.B. Primärversorgung stärken, Spitäler entlasten, mehr digitale Angebote und Gesundheitsförderung)
  • Bundes-Zielsteuerungsvertrag umsetzen, um das Gesundheitssystem gemeinsam weiterzuentwickeln
  • Finanzzielsteuerung fortsetzen - inkl. Festlegung von jährlichen Ausgabenobergrenzen für die öffentliche Gesundheit bis 2028.
Dr. Katharina Reich, am Berliner Hauptstadtkongress 2025.

Dr. Katharina Reich, Generaldirektorin für Öffentliche Gesundheit des österreichischen Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz am Eröffnungstag des Berliner Hauptstadtkongresses 2025.

Bundes-Zielsteuerung

Der Bundes-Zielsteuerungsvertrag ist ein zentrales Steuerungsinstrument des österreichischen Gesundheitswesens. Er wird zwischen dem Bund, den Ländern und der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) bzw. der Sozialversicherung abgeschlossen und legt für mehrere Jahre verbindliche strategische  und operative Ziele und Maßnahmen fest, um das Gesundheitssystem weiter zu entwickeln und effizienter, digitaler und nachhaltiger zu gestalten. Er wird regelmäßig aktualisiert. Der aktuelle Vertrag wurde 2024 abgeschlossen und ist 5 Jahre gültig. Die Schwerpunkte umfassen:

  • Stärkung des niedergelassenen Bereichs
  • Strukturreformen in den Spitälern
  • Ausbau digitaler Angebote
  • Gesundheitsförderung und Vorsorge
  • Impfprogramme
  • Medikamentenversorgung (Bewertungsboard)


eHealth-Strategie Österreich 2024-2030

Die "eHealth‑Strategie 2024–2030" ist ein umfangreiches Programm zur Digitalisierung des Gesundheitswesens – von ELGA über Telemedizin bis zu Gesundheits-Apps. Sie setzt klare Zielmarken für den Ausbau und verwendet einen partizipativen, evaluierten Fünfjahresrhythmus. Finanziell untermauert mit jährlich 51 Mio. EUR, soll sie das österreichische Gesundheitssystem digital, effizient und patientenorientiert weiterentwickeln. Die eHealth-Strategie 2024–2030 wurde im Rahmen des Zielsteuerungsvertrages 2024–2028 als einer der zentralen Digitalisierungsschwerpunkte aufgenommen. Das bedeutet, dass ihre Umsetzung politisch und finanziell verbindlich gesichert ist.

Der „OECD - Health at a Glance:
Europe 2024” Report

untersucht die größten Herausforderungen, denen die europäischen Gesundheitssysteme nach der COVID-19-Pandemie gegenüberstehen. Der Bericht umfasst zwei thematische Kapitel: Eine umfassende Untersuchung des Mangels an Gesundheitspersonal in Europa - ein seit langem bestehendes Problem, das durch die immense Belastung der Gesundheitssysteme durch die Pandemie noch verschärft wurde. Er untersucht die Faktoren, die zu diesem Mangel geführt haben, und schlägt politische Strategien vor, um die für den Aufbau widerstandsfähiger Gesundheitssysteme erforderlichen Arbeitskräfte anzuwerben, auszubilden und zu halten. Das zweite Kapitel gibt einen Überblick über die jüngsten Trends im Bereich der Gesundheit der alternden Bevölkerung in Europa. Angesichts der weiter steigenden Lebenserwartung und des stetig wachsenden Anteils der über 65-Jährigen an der Bevölkerung werden in diesem Kapitel Prioritäten für die Förderung eines gesunden Alterns erörtert, um die Belastung der Gesundheits- und Langzeitpflegesysteme zu verringern. Die übrigen Kapitel bieten einen vergleichenden Überblick über die neuesten Daten zum Gesundheitszustand, zu Risikofaktoren und zur Leistungsfähigkeit der Gesundheitssysteme in den 27 EU-Mitgliedstaaten, 9 EU-Beitrittskandidatenländern, 3 Ländern der Europäischen Freihandelsassoziation und dem Vereinigten Königreich. „Gesundheit auf einen Blick: Europa 2024“ ist der erste Schritt im Zyklus „Gesundheitslage in der EU“.

Dr. Katharina Reich

ist studierte Medizinerin und seit Dezember 2020 Sektionschefin für „Öffentliche Gesundheit und Gesundheitssystem“, Generaldirektorin für Öffentliche Gesundheit des österreichischen Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Vorsitzende des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen und Mitglied der österreichischen Bundesgesundheitskommission

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