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Warum künftige Mediziner eine KI-Aus­bildung brauchen

25. November 2021 | Josef Ruhaltinger

Basiskompetenzen der Künstlichen Intelligenz werden zwingender Bestandteil jeder zukunftsorientierten medizinischen Ausbildung. Eine deutsche Studie hat erhoben, welche Inhalte der KI wie vermittelt werden sollen.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Auch in Zukunft müssen Mediziner keine Software-Ingenieure werden. Allerdings müssen Ärzte in naher Zukunft befähigt sein, KI-Anwendungen in ihrem Arbeitsalltag zu nutzen und zu beaufsichtigen. Basiskenntnisse von den Grundlagen Künstlicher Intelligenz werden dabei unverzichtbar sein. Die Studienpläne der Medizin werden in Österreich eher früher als später diesen Anforderungen angepasst werden. Weniger eindeutig sind die Inhalte, die als Basiskompetenzen in Zukunft vermittelt werden sollen. Deutsche Wissenschaftler lieferten erste Antworten. Das Institut für Medizinische Informatik der Berliner Charité und der Berliner KI-Campus initiierten eine Untersuchung „Lernangebote zu Künstlicher Intelligenz in der Medizin“, die den inhaltlichen Bedarf und die Defizite analysiert, die in der Ärzteausbildung in Hinblick auf KI und Digital Health gefunden werden (https://ki-campus.org/medizin).

 

KI-Kompetenzen für den Arbeitstag

Der digitale Fortschritt fordert im Gesundheitsbereich Basisfertigkeiten, die bislang in der Ausbildung nicht abgedeckt werden. Um im Umgang mit KI-gestützten Methoden und Apparaturen die Patientensicherheit nicht zu gefährden, müssen 
Software-basierte Entscheidungsvorschläge kritisch hinterfragt werden können. Nur wer beurteilen kann, wann etwas schiefläuft, kann automatisierte Prozesse begleiten.

Die Ärztin Lina Mosch ist Koordinatorin der Studie und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Medizinische Informatik. Sie fordert in einem weiterführenden Blogbeitrag auf der Webseite des KI-Campus „grundlegende technische und theoretische Kompetenzen“ zu KI-Systemen sowie „ein Bewusstsein und Kenntnis der ethischen, legalen und sozialen Implikationen“. Mediziner müssen fähig sein „zur praktischen Anwendung der entsprechenden KI-Systeme“. Mit den sperrigen Worten wird jenes Wissen um Rahmenbedingungen verlangt, innerhalb derer KI genutzt und kontrolliert werden muss.

Mosch nennt auch die Anforderungen, die es zu erfüllen gilt: Die KI-Systeme werden zur Diagnosefindung genutzt. Und dazu bedarf es im Rahmen der klinischen Entscheidungsfindung ausreichender Kompetenzen, um den KI-Output zu interpretieren und bewerten zu können.

KI werde aber auch andere Bereiche des medizinischen Alltags verändern: Künstliche Intelligenz werde in der fächerübergreifenden Zusammenarbeit und der ärztlichen Gesprächsführung wichtige Rollen übernehmen – alles Gebiete, die im niedergelassenen Bereich ebenso wie im Spitalsbetrieb von herausragender Bedeutung sind. Für potenzielle Forscher unter den Medizinstudierenden brauche es zusätzlich „mathematische Grundlagen der KI, Grundlagen der Wissensrepräsentation und Interferenz, der Datenwissenschaft sowie die Funktionsprinzipien verschiedener Arten der KI“, heißt es in der Studie.

 

Neue Formen der Wissensvermittlung

Die Untersuchung stellt klar, dass die neuen Inhalte nach neuen Formen der Lehre verlangen. Nur so könnten die Grundlagen von Künstlicher Intelligenz auszubildenden Medizinern und Medizinerinnen auch zugänglich gemacht werden: Es gehe nicht mehr um passive Wissensakkumulation durch Frontalunterricht. 

Ein modernes Medizinstudium benötige „problemorientierte, methodisch vorgehende Lernangebote“, einen starken Fokus „auf berufs- und fächerübergreifende Zusammenarbeit, ärztliche Gesprächsführung, klinische Entscheidungsfindung“ sowie – sic – „neue Prüfungsformate“. 

Digitale Lernangebote und Selbstlernphasen sollen dabei die obligaten Präsenzveranstaltungen ergänzen – und dies alles möglichst rasch: „Die KI-bezogenen Basiskompetenzen müssen zeitnah im Pflichtcurriculum des Medizinstudiums verankert werden.“ 

Neue Masterstudiengänge oder auch zertifizierte kleine Bildungseinheiten, sogenannte Micro-Credentials, könnten dabei sinnvolle Ergänzungen zur flexiblen Qualifizierung von Ärzten und Ärztinnen darstellen. Denn die Studie habe gezeigt: „Es gibt einen immensen und heterogenen Qualifizierungsbedarf.“  

Quelle: ÖKZ 11/2021, 62. Jahrgang, Springer-Verlag.

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