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Beim künstlichen Ersatz des Kniegelenks zeichnet sich laut der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik (AE) ein Paradigmenwechsel ab. Lange galt das Einheitskonzept eines per Operation hergestellten "geraden Beins" als Standard. Doch das neue Ziel ist das "vergessene Knie", das dem Träger gar nicht mehr auffällt, hieß es jetzt aus Anlass des Jahreskongresses der Fachgesellschaft in Berlin.
Die Endoprothetik, also die Implantierung eines künstlichen Gelenks, hat die medizinische Versorgung von Menschen mit schweren und oft jahrelang schmerzhaften Gelenksproblemen bis hin zur Invalidität, zum Beispiel infolge einer Arthrose, in den vergangenen Jahrzehnten revolutioniert. Dabei sollte ein durch die Operation hergestelltes "gerades Bein" und eine streng normierte Gelenkslinie für bestmögliche Funktion sorgen.
"Doch diese Standardisierung passt nur zu etwa 15 Prozent der Bevölkerung - viele Menschen haben X- oder O-Beine. Moderne Verfahren orientieren sich deshalb zunehmend an der individuellen Anatomie und Funktion jedes einzelnen Menschen", hieß es bei einer Online-Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik, die in den vergangenen Tagen (4. bis 5. Dezember) ihren Jahreskongress in Berlin abhielt.
So sei im Endeffekt jahrzehntelang nach einem Einheitsprinzip operiert worden, das bei weitem nicht immer perfekt sei. "Das könnte erklären, warum trotz guter Implantate und fortgeschrittener OP-Techniken rund fünf bis 20 Prozent der Betroffenen kein 'vergessenes Knie' erreichen - ein Knie, das sich im Alltag nicht mehr künstlich anfühlt", sagte Rüdiger Eisenhart-Rothe, Direktor der Klinik für Orthopädie und Sportorthopädie am Klinikum rechts der Isar (München).
Gleichzeitig stiegen die Erwartungen: Viele Patient*innen sind heute jünger, sportlich aktiv und möchten nach der Operation wieder uneingeschränkt am Alltag teilnehmen, wurde aus Anlass des Kongresses von der Fachgesellschaft betont. Neue Operationstechniken berücksichtigten die individuelle Beinachse, die ursprüngliche Spannung der Bänder und die persönlichen Bewegungsmuster. "Damit werden auch X- und O-Beine nicht mehr auf gerade getrimmt", erklärte Eisenhart-Rothe. Studien zeigten: Wer eine Knieprothese bekommt, die zu seiner individuellen Anatomie passt, ist zufriedener und hat oft eine bessere Funktion.
Die Planung ist aber komplex. Der Endoprothetik-Fachmann: "Doch trotz großer Fortschritte bleibt eine zentrale Frage offen: Welche Ausrichtung genau passt zu welchem Patiententyp? Allein in der Frontalansicht sind über hundert unterschiedliche knöcherne Varianten beschrieben - hinzu kommen weitere Unterschiede in den Bändern und in der Bewegung des Knies." Bisher fehle klare wissenschaftliche Evidenz, welche biomechanische
Ausrichtung, die sogenannte Alignment-Strategie, für welchen anatomischen und funktionellen Befund optimal ist. Auch die verschiedenen Implantatmodelle beeinflussen das Ergebnis. "Es ist noch nicht eindeutig geklärt, welche Kombination für welche Patientengruppe am besten funktioniert", so der Orthopäde und Unfallchirurg.
Der nächste zukünftige Entwicklungsschritt ist datengetrieben. Künstliche Intelligenz (KI) kann große Datenmengen nutzen, die bei jeder Knieoperation entstehen. Dazu gehören Bilder wie Röntgen oder Computertomografie (CT), Bewegungsanalyse und Messdaten während des Eingriffs und die tatsächliche Implantatpositionen. "Neu ist auch die Nutzung von Bewegungsdaten aus Alltagssensoren, wie sogenannte Wearables, die Gangbilder erfassen. Sie könnten langfristig sogar aussagekräftiger sein als statische Röntgenbilder, wenn es darum geht, wie gut eine Prothese wirklich funktioniert", so der Experte.
Ziel ist der Aufbau einer wachsenden Datenbank aus Informationen von medizinischen Untersuchungen inklusive der bildgebenden Techniken und aus der realen Welt. Sie soll zeigen, welche anatomischen Typen es gibt, welche Operationstechnik bei welchem Profil am besten funktioniert und welche Faktoren langfristig gute Ergebnisse begünstigen. Aus diesen Informationen kann ein "Digitaler Zwilling" entstehen - ein computergestütztes, sehr genaues Abbild eines Patienten. "Dieses lernende Modell hilft vorherzusagen: Welche Prothesenposition und welche Technik führen bei einer Person mit bestimmten Merkmalen am wahrscheinlichsten zum besten Ergebnis?", sagte der Orthopäde.
Bei der Umsetzung im Operationssaal selbst könnten Roboter helfen. "Sie schneiden nicht selbst. Sie helfen Chirurg*innen jedoch dabei, die Operation millimetergenau zu planen, während des Eingriffs präziser zu arbeiten und wichtige Daten automatisch zu erfassen", betonte Eisenhart-Rothe.